Was ist die QuartierPflege?

Fürsorge, Hauswirtschaft und Pflege durch die vertraute Nachbarschaft. Das ist unsere Vision und unsere Antwort auf den riesigen Fachkräftemangel. Wir möchten gemeinsam mit Ihnen die pflegerische Grundversorgung über freiwilliges und bezahltes Engagement von der Nachbarschaft und Mitarbeiter:innen aus dem Quartier sichern.

Einkaufen, Bügeln, Essen, Lesen und Körperpflege sind soziale Interaktionen, umso mehr, wenn sie von bekannten Menschen aus dem Quartier ausgeführt werden und nicht von anonymen Pflegekräften, die wir nicht kennen und häufig wechseln. Menschen mit Unterstützungsbedarf sind dank der QuartierPflege in ihrer Nachbarschaft automatisch viel besser sozial eingebunden.

Ein lokales Netzwerk aus drei bis sechs festen Nachbar:innen pro pflegebedürftige Person entlastet die Angehörigen der Menschen mit Unterstützungsbedarf (ältere Menschen oder solche mit physischen oder psychischen Einschränkungen).

Die Nachbar:innen werden dabei durch hauptamtliches Personal koordiniert, geschult und fachlich begleitet. Sollten auch anspruchsvolle pflegerische Tätigkeiten benötigt werden, kümmern sich um diese weiterhin professionelle Pflegekräfte.

Nachbar:innen engagieren sich ehrenamtlich, in Teilzeit oder in Vollzeit, angestellt oder freiberuflich – ganz nach ihren Wünschen und den Tätigkeiten, die sie in der QuartierPflege übernehmen möchten.

Zum Beispiel: Einmal im Monat etwas vorlesen ist ein Ehrenamt, dreimal in der Woche einkaufen, kochen oder bei der Körperpflege helfen sind Tätigkeiten, die regulär entlohnt werden. Die QuartierPflege schafft damit sowohl Möglichkeiten für erhebliche Zuverdienste als auch reguläre Beschäftigung im Ehrenamt. Dies geschieht durch Arbeit mit Menschen, die wir seit Jahren kennen und schätzen.

Unsere Vision für die QuartierPflege ist es, dass sich im Laufe der Zeit aus einem anfänglich lockeren Netzwerkansatz ein effektives und professionell angeleitetes Nachbarschaftsnetzwerk aus engagierten Halbprofis entwickelt. Durch die langfristige Tätigkeit in der QuartierPflege und die Unterstützung mehrerer Personen können wertvolle Erfahrungen gesammelt werden, was zu einem wachsenden Vertrauen und einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der Fähigkeiten führt. Dieser Prozess trägt zur Professionalisierung der Laienpflege bei und stellt sicher, dass eine qualitativ hochwertige Unterstützung gewährleistet ist.

 

Konkrete Beispiele von Unterstützung in der QuartierPflege:

 

Alltagsbegleitung

Beispiele:

  • Begleitung außer Haus

  • Spielen und Sprechen

  • Mahlzeiten zubereiten & gemeinsam verzehren

  • Gedächtnistraining

  • Gruppenaktivitäten

  • Gymnastik

Hauswirtschaft

Beispiele:

  • Fenster putzen

  • Wäsche

  • Einkaufen

  • Wohnraum reinigen

  • Bettwäsche wechseln

  • Versorgung von Haustieren

Grundpflege

Beispiele:

  • Mund- und Zahnpflege

  • An- und Ausziehen

  • Aufstehen und Zubettgehen

  • Mobilität in der Wohnung

  • Benutzen der Toilette

  • Körperwaschung, Duschen

 

Die QuartierPflege ist für:

Nachbar:innen

  • Mehr Kontakt im Alltag

  • Finanziell honoriert

  • Professionell organisiert

  • Selbst gesteuert

 

Angehörige

  • Entspannung im Alltag

  • Keine Extrakosten

  • Professionell organisiert

  • Sicher versorgt

 

Menschen mit Pflegebedarf

  • Mehr Kontakt im Alltag

  • Keine Extrakosten

  • Professionell organisiert

  • Sicher versorgt

Dieses Angebot gilt für Menschen mit und ohne Behinderung.

 

Warum machen wir die QuartierPflege?

Studien prognostizieren eine Personallücke von bis zu 400.000 Pflegefachkräften, die uns schon im Jahr 2030 fehlen werden. Wir wollen diesem absehbaren Notstand stabil und mit guten Rahmenbedingungen für das Engagement von Nachbar:innen entgegensetzen, dass Menschen mit Pflegebedarf aus unserer Mieterschaft trotzdem die Fürsorge, hauswirtschaftliche Unterstützung und einfache Grundpflege werden erhalten können, die sie brauchen und verdienen.

 

Wie wird die QuartierPflege umgesetzt?

In zwei ausgewählten Kleinquartieren in Leipzig möchten wir ab 2023 eine Anzahl von 100 Pflegebedürftigen über ein gesteuertes und angeleitetes Nachbarschaftsnetzwerk unterstützen. Dieses Ziel werden wir über einen Projektzeitraum von 3 Jahren sukzessive erreichen. Dazu wollen wir voraussichtlich 300 bis 500 Nachbar:innen mobilisieren, die nachbarschaftliche Sorge-, Hauswirtschafts- und Grundpflegeleistungen erbringen.

Unser Projektziel ist es nicht, die gesamte pflegerische Versorgung für diese Personengruppe zu übernehmen, sondern bestehende Pflegestrukturen so zu flankieren, dass professionelle Dienste sich auf anspruchsvolle pflegerische Tätigkeiten konzentrieren können.

Wir möchten zeigen, dass wir mit der QuartierPflege den Fachkräftemangel so deutlich reduzieren können, dass deutschlandweit eine ausreichende pflegerische Grundversorgung sichergestellt werden kann.

Die QuartierPflege ist ein komplexes Modell aus folgenden Rahmenbedingungen, die in einem zweijährigen Vorprojekt in Halle an der Saale mit der Zielgruppe ältere Menschen gemeinsam erarbeitet worden sind:

Vertrauen schaffen

  • Intimer Quartierbezug mit 1.500 Bewohner:innen und 3- 6 unterstützenden Menschen pro pflegebedürftiger Person

  • Strategische Kooperationen im Quartier (ambulante Dienste, Hausarzt, Apotheker, Bürgerverein, etc.)

Einstiegshürden senken

  • Tätigkeitsbezogenes, modulares Schulungskonzept

  • Engagement in Ehrenamt, Minijob, Teilzeit und Vollzeit

  • Passgenaue Angebote für alle Generationen

  • Kleinräumliche bauliche Anpassungen

Trennlinie zwischen Laien und Professionellen verschieben

  • Leistungsspektrum: Alltagsbegleitung, Hauswirtschaft und einfache Grundpflege (Fürsorge)

  • Medizinische Behandlungspflege über Fachpersonal der ambulanten Dienste

Zentrale professionelle Koordinierung

  • Fallmanagement für 75 – 100 Pflegebedürftige

  • Finanzierung aus Mitteln der Pflegeversicherung

Um das Modell umsetzen zu können, kooperieren die evangelische Kirche, die ABE Zuhause und Sachsens größte Pflegekasse AOK plus. Gesteuert wird das Projekt von der Gesellschaft für Gemeinsinn e.V., die das Modell entwickelt hat.

Mehr Informationen zu den Projekthintergründen finden Sie auf der Website der Gesellschaft für Gemeinsinn e.V., und hier finden Sie häufig gestellte Fragen und Antworten zum konkreten Ablauf der QuartierPflege.

 
 

Die QuartierPflege wird gefördert von: